Achtet auf den Ton!
Die Kolumne mit Stefan Kipple.

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Wer regelmäßig die PENNY DEL auf MagentaSport verfolgt, hat die großen Werbespots der Telekom bestimmt schon mal gesehen. Meistens in den Drittelpausen flimmern dann die Fußballer vom FC Bayern München über den Bildschirm und lesen Hassnachrichten vor. Hassnachrichten, die so auf den Kanälen der Spieler, der Klubs oder sonst wo im Internet landen. Für jeden sichtbar. Und schwer erträglich. Wie mag das für die Empfänger dieser Botschaften sein? Unvorstellbar!
Ach, was rühmen wir uns so gern im Eishockey, dass es bei uns so viel schöner und besser ist als im Fußball. Auch ich mache das oft und gern. Eishockey ist einfach die beste Sportart der Welt, oder?
Doch auch im Eishockey gibt es solche Hassnachrichten. Respektlosigkeiten, Beleidigungen, Sprüche unter der Gürtellinie. Man muss gar nicht lange danach suchen. Einfach mal unter den Post der letzten Niederlage deines Klubs schauen. Ein willkürlich ausgewählter Ergebnis-Post nach einem verlorenen Spiel, und wir lesen darunter:
„Dilettanten! Versager! Loser!“
„Was ein Sauhaufen!! Wo ist eigentlich unser hochgelobter Stürmer? Der fährt nur noch sein Trikot spazieren.“
„Das ist eine Gurkentruppe. Ist mal wieder Zeit für
einen Neuanfang.“
Nur drei Zitate – gegen die Mannschaft, die man sonst so feiert. Gegen den Lieblingsverein, dessen Trikot man trägt und dessen Logo auf dem Auto klebt. Gegen Spieler, Trainer, Verantwortliche. Gegen Menschen. Menschen, die Adressaten dieser Hassnachrichten sind und mit ihnen leben und umgehen müssen. Was machen solche Nachrichten eigentlich im Unterbewusstsein eines Spielers in einem wichtigen Spiel?
Der traurige Höhepunkt der jüngeren Vergangenheit ereignete sich in der DEL2 beim Halbfinale zwischen Krefeld und Ravensburg: Yushiro Hirano lieferte für den KEV ein herausragendes Spiel ab. Ein Zuschauer im Stream fühlte sich deshalb gemüßigt, einen Kommentar zu schreiben. Es wurde ein menschenverachtender und zutiefst rassistischer Beitrag, der allein auf die Abstammung des Japaners abzielte und rein gar nichts mit dem Spiel zu tun hatte. Ich zititiere den Kommentar bewusst nicht, verurteile ihn aber auf ganzer Linie. So etwas hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen!
Kritik sei jedem zugestanden. Es gehört ja auch irgendwie dazu wie das Salz in der Suppe: auf der Tribüne stehen und über die Taktik philosophieren. Warum stellt der Trainer nicht die beiden zusammen? Wieso startet heute der Back-up-
Goalie … Doch das alles muss immer im Rahmen bleiben und sollte so formuliert sein, dass man es der betroffenen Person auch direkt ins Gesicht sagen könnte. Fair und vielleicht auch ein bisschen wohlwollend. Denn jeder Spieler hat seine Geschichte, die die Zehntausend, die ihm bei seiner Berufsausübung zuschauen, nicht zwangsläufig kennnen, seine Leistung aber vielleicht an diesem Spieltag in irgendeiner Form beeinflusst.
Es sind Menschen da unten auf und neben dem Eis. Menschen, die Hassbotschaften gegen sich lesen und ertragen müssen. Sie werden gezwungen, diese zu verarbeiten. Sie nehmen sie mit – in den Alltag, den Schlaf, ins nächste
Spiel … Menschen, denen man beim nächsten Sieg wieder zujubelt, ihren Namen singt. Doch niemand hat diesen Hass verdient – auch nicht wegen einer Niederlage oder einem wieder viel zu frühen Playoff-Aus. Selbst bei einem Abstieg nicht! Am Ende darf der Fan auch enttäuscht sein, klar. Doch sollte der Unmut niemals unter die Gürtellinie gehen. Habt Respekt füreinander, steht füreinander ein. Und gebt Widerworte. In der Kurve und im Internet.