Back in Boston: Wie Marco Sturm Headcoach der Bruins wurde

Dieser Artikel wurde zuerst in DUMP & CHASE 28 veröffentlicht.
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Eigentlich wollte er nie Trainer werden. Nach seiner Spielerkarriere hatte Marco Sturm anderes vor. „Er wollte eher scouten in Amerika“, erinnert sich Franz Reindl, der ihn damals anrief – und in eine ganz andere Richtung schob. „Unser Bedarf lag höher“, sagt der damalige DEB-Präsident, der nach dem Niedergang der Nationalmannschaft unter Jakob Kölliker und Pat Cortina 2015 jemanden für einen Neuanfang suchte. Jemanden, der die Fenster aufmachte und kräftig durchlüftete, der verkrustete Strukturen aufbrach – und vor allem das DEB-Team für die Spieler wieder attraktiv machte.

Die Aufgaben als General Manager konnte sich Sturm vorstellen, aber das Angebot als Bundestrainer überraschte ihn sehr. Denn der Niederbayer hatte in seiner Wahlheimat Florida gerade mal seinen Sohn Mason auf dem Eis angeleitet. Aber er hatte etwas, was Reindl suchte. 2004 beim World Cup of Hockey, als er selbst als Kurzzeit-Bundestrainer eingesprungen war und Sturm zu seinem Kapitän gemacht hatte, hatte er es schon gesehen: „Man kann mit Marco große Dinge angehen, weil er den Blick fürs Ganze hat.“

Schon als Spieler bescheinigten ihm seine Trainer und Kollegen „Führungsqualitäten“, sogar in ganz frühen Jahren. Als die deutsche U18 bei der Junioren-EM 1995 Silber gewann, „hat er die anderen motiviert.“ Das setzte sich in der Profikarriere in der NHL als „German Rocket“ fort, ebenso wie in der Nationalmannschaft. Etwa bei der Heim-WM 2001. „Seine Ausstrahlung war gigantisch“, erinnert sich Reindl, „man hat gesehen, wie alle auf ihn hören, auf ihn schauen. Er hat das im Blut.“

Die überraschende Entscheidung funktionierte: Mit Olympiasilber 2018 hievte Sturm nicht nur das deutsche Eishockey auf ein neues Level, er trieb auch seine zweite Karriere voran. Sieben Jahre später ist er am Ziel: Cheftrainer in der NHL.


Gratulation zu deinem neuen Job, Marco. Wie war es für dich, nach Boston zurückzukehren?

Es war natürlich mein Ziel, Headcoach in der NHL zu werden. Letztes Jahr war ich in San Jose schon knapp davor. Dieses Jahr kamen die Anfragen aus Vancouver und Seattle. Aber dass es letztendlich Boston wird, ist unglaublich, ein Traum. Mit der Beziehung, die ich zu diesem Klub und dieser Stadt habe. Meine Kinder sind dort aufgewachsen. Wir wollten immer zurück, jetzt hat es geklappt. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie glücklich wir sind.